Von Wolfgang Heger geschrieben anlässlich eines gemeinsamen Projekts zum Thema Poesie und Malerei.
Und gehe durch Augenwiesen,
eine rote Nervenröhre leuchtet. Kein Auge seh´ ich hier
daß mehr Augen hätt´ als IHR.
Welche Zeit ? Diesselben Bilder
im Nebel, im Schnee;
Bilder im Frühling in Apfelblütengeruch
gegossen, aufgehängt an allen
Sinnen – diesselben Dinge – wirklich
diesselben Bilder?
Die seltsamsten Färbungen im Kopf: Vögel zwitschern
Vogelzwitschern blau angemalt; grau aber
geht der Himmel in den Frühling.
Wo führt das hin – einmal erfahren, wo die Sterne geboren sind,
einmal ein Rätsel lösen und sich retten.
Leben ist eine Kette von Verlusten und doch
ist es Kosmos
Schmuck –
das Ganze ist die Kette von Verlusten und trotzdem
es ist Zusammenhalt –
ein verbindender Faden.
Wie dann weitergehen,
morgen
und übermorgen
vergessen: den Verlust
vergessen und zugleich
erleben rot
ziehen sich die Wolken über dem Farbmeer zusammen.
Warum fahre ich nicht über den Regenbogen
fahre ich nicht über die Farben am Himmel
versuche das Regenbogenschüsselchen
zu finden.
Warum nicht den Regenbogen fangen?
Es dunkelt nur langsam
und in Bodennähe scheint
eine seltsame, gefährliche Helligkeit
zu herrschen.
Wie konnte ich das gelb vergessen
und alles, was ich begehrte, all die Träume
und doch –
ich erinnere mich nicht mehr
an die Farben des Regenbogens, memoriere statt dessen
reine Physik
und erzähle blind
vom optischen Gesetz.
Ich vermisse mein Herz
diese glasklare Brille und habe es
niemandem gegeben.
Niemand
bewahrt es auf.
Und doch –
ist es fort.
Bin ich denn schon zu der Reise
ins blinde Land aufgebrochen,
auf die lange Reise
jenseits oder diesseits aller Worte
jenseits oder diesseits der Augen
ganz Ohr
in meiner Taubheit
ganz Auge
in meiner Blindheit
ganz Farbe.
Ein Mann schläft friedlich
und der Staub ist seine Decke.
Er ist durch Farbe gegangen
und hat Farbe
auf Leinwand und Zunge aufgetragen
als Verteidigung
der letzten, inneren Grenze.
Er ist Farbe und Wort
und nichts
färbt er schön,
er reist in die Weiss-heit
und gibt
die Farbe(n) zurück.
Eine Schnecke versucht
über eine Messerklinge zu
kriechen.
Sie hat empfindliche Augen
und wartet blind und zurückgezogen
bis Farbe
in ihr Gehäuse eintritt.
Auch wenn die Seile an den Tagen
reißen –
ich will dem Schmerz
einen Ausweg geben.
Ein Schritt
weiter
reißt aber Wunden
bringt nicht vorwärts,
sondern tiefer,
aber
nicht hindurch, sondern gefangen
im Schneckenhaus.
Bunte Träume verfangene Flügel
verfängliche Sekunde
zu spät
versteckt das Staunen
Schmetterling vernarbter
Freund im Licht
der Kerze.
Was suchen denn Schmetterlinge
im Licht?
einen Ausgang
zu den Augenwiesen.
Text: © Wolfgang Heger